Schwitzendes Klima? So reagieren wir cool in Zeiten des Wandels! – KLUB DIALOG

Schwitzendes Klima? So reagieren wir cool in Zeiten des Wandels!

Antworten aus dem Klimahaus Bremerhaven

„Der Klimawandel ist wie Bielefeld. Weltbekannt, aber trotzdem sagen viele Leute: Gibt’s doch gar nicht!“, erklärt Abdelkarim Zemhoute am 9. April in der Politsatire-Sendung Die Anstalt. Auch wenn es mich und die Gäste zum Lachen bringt: Der Witz funktioniert mal wieder nur, weil das Kabarett so gut mit unserem Wissen spielt. 97 Prozent aller Wissenschaftler weltweit sind sich darüber einig, dass es einen menschengemachten Klimawandel gibt. Das ist nicht erst seit gestern bekannt. Trotzdem schaffen wir es nicht, die entsprechenden Schritte einzuleiten, die Politiker in Deutschland zu überzeugen und selbst daran zu glauben, dass der Klimawandel uns ganz persönlich betreffen könnte. Seine Klimaziele für 2020 wird Deutschland mit Karacho verfehlen, entnehmen wir dem Klimaschutzbericht.

Davon habe ich nichts gewusst. Das betrifft nicht mich, sondern zukünftige Generationen. Damit habe ich nichts zu tun. Die da oben sind schuld. Ich mache mir schnell noch ein schönes Leben, bevor der Planet endgültig untergeht. Das Massensterben naht und wir werden eh alle draufgehen. Veränderungen bringen sowieso nichts.

Was es so schwierig macht, sich mit der kollektiven Herausforderung „Klimawandel“ irgendwie zweckmäßig zu beschäftigen, liegt unter anderem an der schwer erkennbaren Kausalität. Was unser Verhalten hier für ökologische Folgen dort entfaltet, können wir nicht mit eigenen Augen sehen. Das Problem wächst uns über den Kopf, also suchen wir nach einem Schuldigen, der uns von unseren Sünden befreit. Und während wir noch mit unseren Nebenkriegsschauplätzen ringen, schließt sich das Fenster, um die Folgen der globalen Erwärmung einzudämmen.

Ich frage mich selbst: Wie kann ich mich ganz persönlich konstruktiv mit der Klimaherausforderung beschäftigen? Jenseits von Verleugnungen, von Dystopien, Ängsten und Sündenbockhetzjagden. Auf der Suche nach Antworten begebe ich mich ins Klimahaus Bremerhaven.

Das Klimahaus Bremerhaven 8° Ost

Das Klimahaus Bremerhaven ist eine weltweit einzigartige Erlebniswelt zu den Themen Klima, Klimawandel und Wetter. In der großen Weltreiseausstellung entlang des 8. Längengrades können die Besucher alle Klimazonen der Erde hautnah erleben und dabei fünf Kontinente bereisen. Weitere Ausstellungsbereiche veranschaulichen das Zusammenwirken von Mensch und Erde. Neben seinen 11.500 Quadratmetern Ausstellungsfläche ist das Klimahaus Schmelztiegel für Klimakommunikation und Forschung, Lernort für nachhaltige Entwicklung und selbst Vorreiter in Sachen Klimaverantwortung dank besonderem Energiekonzept. 2019 feiert das Klimahaus sein 10-järiges Jubiläum und freut sich über mehr als 5,5 Millionen Gäste seit seiner Eröffnung.

Foto: Carolin Paar

In Bremerhaven beschäftigt man sich seit nunmehr zehn Jahren mit dem Thema Klima und meistert erfolgreich den Spagat zwischen Freizeiteinrichtung und Bildungsort. Der Verkaufshit des Klimahauses ist immer noch seine weltweit einzigartige Weltreiseausstellung, in der man alle Klimazonen der Erde bestaunen kann. Inklusive exotischer Tierwelt, Kennenlernen der unterschiedlichen Erdenbewohner und Temperaturextreme. Heute interessiert mich aber nicht das Reiseabenteuer, sondern die Experten hinter den Kulissen. Einer von ihnen ist Jens Tanneberg. Er leitet den Bereich Wissenschaft und Bildung im Klimahaus und ist seit 25 Jahren im Gebiet der nachhaltigen Entwicklung zuhause. Er führt mich in einen der zusätzlichen Ausstellungsbereiche des Klimahauses: Das World Future Lab.

Zur Zukunft geht’s aufwärts, die Wendeltruppe hoch. Hier dominiert ein riesiger, sich drehender Projektionsglobus den Raum, umgeben von acht Spielstationen mit Touch-Screen-Oberfläche. Wir wollen ein Klimaspiel spielen, heißt es.

Schon wenige Minuten später finde ich mich in einem Szenario wieder, das einem Actionfilm alle Ehre machen würde: Ich habe zwei Minuten Zeit, eine Südseeinsel zu retten, bevor sie für immer im Ozean versinkt. Die ersten Bewohner stehen bereits auf den Dächern ihrer Hütten, um sich vor dem Ertrinken zu bewahren. Ich habe die Gewalt, sie zu erlösen, ich habe die Verantwortung. Um sie vor dem drohenden Meeresspiegelanstieg zu retten, muss ich blitzschnell die richtigen Entscheidungen treffen: Welche Gegenstände will ich für meinen Katastropheneinsatz auf die Insel mitnehmen? Solarpanels, Sandsäcke oder Rettungsringe vielleicht?

Das World Future Lab mit Projektionsglobus und Spielstationen. Foto: Carolin Paar

Scheinbar wandern die richtigen Objekte in meinen Koffer, denn ich erhalte drei Sterne für meine Auswahl und kann einen Großteil der Bewohner retten. Der drehende Globus verbreitet die Neuigkeit: Als Botschafterin der bedrohten Pazifikinseln werde ich zur Klimakonferenz eingeladen! Meine Erfolge darf ich teilen und erreiche mehrere Millionen Menschen im virtuellen Twitter, wie mir der Globus verkündet.

Mein Spieltisch motiviert mich weiter und schreibt mir, ich hätte so besonnen gehandelt, wie Foua Toloa vom Insel-Atoll Tokelau. Bereits 2012 stellte er als Regierungschef die Energieversorgung von Tokelau auf 100% Solarenergie um und bat die internationale Staatengemeinschaft um Unterstützung im Kampf gegen den Klimawandel.

Der Globus spiegelt meine Spielhandlungen: „Super! Dein Unternehmen wird als Beispiel für zukunftsfähiges Wirtschaften ausgezeichnet.“ Foto: Carolin Paar

Das hat Spaß gemacht, jetzt habe ich Blut geleckt. Mit Begeisterung absolviere ich weitere Spielstationen: Beim „Verantworten“ produziere ich ein nachhaltiges Mobiltelefon, der Spieltisch „Kombinieren“ verlangt von mir, eine klimafreundliche Erfindung zu entwickeln. Dabei bin ich immer in Begleitung von großen und kleinen Klimahelden, die mir nach der jeweiligen Station als Vorbilder dienen können und natürlich in Verbindung mit der ganzen Welt, die auf meine Handlungen reagiert. Dann mehrere Eilmeldungen: Eine Extremwetterkatastrophe brachte die Menschen in Gefahr und ich kann entscheiden, ob ich die Geflüchteten aufnehmen möchte. Ich muss mich mit keinem Politiker absprechen und entscheide mich für ja.

Nach Beendigung des Spiels erhalte ich eine persönliche Urkunde und werde noch einmal mit meinem (inzwischen Lieblingsklimahelden) verglichen: Foua Toloa vom Tokelau Atoll. Im Spiel erscheint alles ganz einfach: Ich kann etwas bewirken und das Schicksal der Welt direkt in die Hand nehmen.

Genau das ist es, was das World Future Lab vermitteln möchte, erklärt mir Tanneberg. Das von der Initiative Deutschland – Land der Ideen ausgezeichnete Spiel wolle den Fokus hinlenken zur Hands-On-Mentalität und weg von der moralischen Verdammung: „Jeder Nutzer der Erde muss dafür sorgen, dass er wenig hinterlässt und achtsam mit den vorhandenen Ressourcen umgeht“, erläutert Tanneberg, „noch Wichtiger als dieser negative Footprint, also zum Beispiel der CO2-Verbrauch eines Menschen, ist uns jedoch der positive Handprint! Der gute Einfluss, den ein Mensch auf diesem Planeten hinterlassen kann.“

Er glaubt an die Formel: Kleiner Anstoß – große Wirkung. Mit dem Zukunftsspiel werde ein neues Mindset vermittelt und zum Handeln inspiriert. Denn wenn ein 9-jähriger Felix Finkbeiner eine Initiative wie Plant-For-The-Planet gründen und eine 16-jährige Greta Thunberg eine globale Protestbewegung wie Fridays for Future ins Rollen bringen kann – warum sollte nicht auch ich einen positiven Beitrag leisten können?

Für Schüler oder Betriebsausflügler wird die Future-Lab-Erfahrung als Einstieg für weitere Werkstätten genutzt. Sie können das Lab unter Voranmeldung exklusiv für ihre Gruppe buchen. Nach dem Spiel werden dann eigene Klimaprojekte und Prototypen entwickelt oder im hauseigenen Kochstudio nachhaltig gekocht und reflektiert.

Ein großer positiver Handprint im Zusammenspiel mit einem kleinen negativen Footprint – ist das eine Formel, mit der wir der Klimaherausforderung begegnen können? „Das könnte ein guter Weg sein“, so Tanneberg. „Über Nachhaltigkeit wird viel gesprochen, in den Bereichen Mobilität und Heizen können die Verbraucher zum Beispiel noch sehr viel einsparen und einen riesigen Unterschied machen. Wir sollten das Klimaproblem aber nicht nur auf einzelne Ressourcensparer abwälzen! Was wir brauchen, ist eine Transformation der Gesellschaft, die begreift, was für einen enormen, positiven Impact sie global entfalten kann! Eine Gesellschaft, die entsprechende Vorbilder hat und auch die Politik ins Handeln bringt.“

Jens Tanneberg führte mich in die Geheimnisse des World Future Labs ein. Foto: Voigts / Klimahaus Bremerhaven 8° Ost

Auf dem Rückweg vom Klimahaus habe ich meine neue Urkunde vom World-Future-Lab in der Tasche. Mit einer Kugel Eis auf dem Deich lasse ich die Begegnung Revue passieren. Auf der Urkunde steht, Vernetzen und Handeln seien meine Stärken und: „Gut gemacht! Du bist auf dem richtigen Weg.“ Heißt das auch, ich habe meine Antworten gefunden? Ich nehme mich selbst noch einmal ins Kreuzverhör. Und einige mich auf drei Schritte, wie man (meiner Meinung nach) dem menschengemachten Klimawandel auf individueller Ebene konstruktiv begegnen kann:

1. Mit einem positiven Handprint aktiv werden.

Die richtigen Vorbilder und gute Inspirationen aus dem World Future Lab findest du dazu hier.

2. Meinen negativen Footprint klein halten.

Ein Poster, das dir dabei hilft, deinen täglichen Konsum nachhaltiger und sozialverträglicher zu gestalten, findest du hier.

3. Politisch werden.

Zur nächsten Fridays For Future Veranstaltung geht es hier.

Wichtige Umweltorganisationen findest du hier.

Bestimmt machen wir gemeinsam einen Schritt in die richtige Richtung.

Meine Teilnahme-Urkunde aus dem World Future Lab. Copyright: Klimahaus Bremerhaven 8° Ost

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