Liebe im Reality TV – KLUB DIALOG

Liebe im Reality TV

Zukunftsmodell oder totaler Quatsch?
von  Imran Rose

Alle kennen es. Manche liebes es. Andere finden es verachtenswert. Ganz richtig… es geht ums Reality TV. Jedes Jahr sehen wir wie fremde Menschen sich bei Formaten wie „Bachelor“, „Prince Charming“ und "Love Island" daten, küssen und ja auch zusammenkommen. Aber kann man sich im Fernsehen, umringt von dutzenden von Kameras, wirklich verlieben? Immerhin sind einige im TV entstandene Paare ja immer noch zusammen und führen intakte Beziehungen...

Dem entgegen stehen jedoch mehr als nur ein paar Ex-Paare, welche sich einige Zeit nach ihrem Showauftritt trennten. Zudem auch noch jene, welche sich zwar nicht im TV kennenlernten, aber als Paar an einer Reality-Show teilnahmen und dort solches „Grauen“ erlebten, dass sie kurz danach getrennte Wege gingen. Andrej Mangold(Bachelor im Jahr 2019) und Jennifer Lange erfuhren nach ihrer Mobbing-Aktion im „Sommerhaus der Stars“ dieses Jahr einen solchen Shitstorm, dass sie sich zurückziehen und isolieren mussten. Ein paar Wochen später kam die Trennung.

Es geht also auch andersherum. Sowohl starke Schwärmerei als auch drastische Aggressionen erlebten beide im Fernsehen. Viele ehemalige Realityshow-Kandidat*innen berichten, dass alle ihre Emotionen durch den Ausschluss zur Außenwelt und den dauerhaft herrschenden Druck durch die Kameras verstärkt wurden. Einige meinten, dass sie sich selbst im Nachhinein nicht wiedererkennen würden, nachdem sie sich die Show ansahen. Während der Teilnahme sind u.a. Handys und ähnliche Gerätschaften verboten. Der Kontakt zur Außenwelt ist verschlossen. Dies könnte ein Grund dafür sein, dass innerhalb der TV-Formate Liebschaften und Ärgernisse entstehen, welche im Alltag nicht lange Bestand haben. Ich denke, dass hier nun die Psychologie übernehmen kann!

Um dem Thema näher auf den Grund zu gehen, haben wir drei Kandidaten, der derzeitig im Fernsehen laufenden Staffel, von „Prince Charming“ dazu befragt:

Teilnehmer Sascha von "Prince Charming"

Glaubst du, dass man sich im TV verlieben kann?

Sascha: Ich denke, dass man im TV jemanden treffen kann, den man toll findet, näher kennenlernen möchte und für den man evtl. auch Schmetterlinge im Bauch hat. Da die TV-Landschaft aber abgeschnitten von der wirklichen Welt und meist in einer traumhaften Umgebung stattfindet, zeigt sich meiner Meinung nach erst nach der Produktion, ob man wirklich Gefühle füreinander hat bzw. ob man sich zusammen eine gemeinsame Zukunft aufbauen kann. Es passiert nämlich sehr schnell, dass man unbewusst den Fehler macht, sich bei einer traumhaften Kulisse/bei traumhaften Dates nicht in den Mann sondern in die Momentaufnahme zu verlieben.

Adrian: Ich denke schon, dass es unter Umständen möglich ist, sich im TV zu verlieben. Allerdings ist das ganz davon abhängig, wie du als Mensch eingestellt bist. Denn die Tatsache, dass du gefilmt wirst, evtl. Mitstreiter hast, die dir auf engsten Raum im Nacken sitzen gepaart mit der allgemeinen Drucksituation und dass man sich meistens in einem fremdem Umfeld bewegt, macht es schwer, sich auf das Erzeugen und Empfangen von romantischen Gefühlen einzulassen. Kann man aber diese ganzen Störfaktoren gut ausblenden, halte ich es definitiv für möglich, dass man sich auch im TV verlieben kann.

Jan: Ich bin da gespaltener Meinung. Klar kann man sich in der Zeit, wo die Aufnahmen stattfinden, besser kennen lernen, aber es ist trotzdem immer ein riesiges getaktetes Programm von der Produktion, was einem im Nacken sitzt. Man muss zu zweit da wirklich Momente erleben können, Erlebnisse die bleiben in der Kennenlernphase, miteinander rumreisen, mal auch für einander in einem nicht so positiven Moment die warme Schulter stützen können und gemeinsam durch schwierige Situationen gehen können und meistern. Zudem gehört für mich bis ich jemanden sagen kann, „ich liebe dich“, halt ein riesiges Mass an Vertrauen dazu. Ich denke aber, ein Format wie „Prince Charming“ ist gut dafür, dass man einen ersten Rahmen hat, wo man sich besser beschnuppern kann und man spürt ja dann schnell, ob es von den Grundbedürfnissen untereinander matcht oder nicht. Die Zeit danach wo man sich trifft, unbeschwert ohne ständig Kameras im Nacken zu haben, ist dann umso maßgebender, wo man dann sich auch eventuell ineinander verlieben kann.

Wie war das Gefühl im Haus? Ist es nervig, dass man dauernd „beobachtet“ wird?

Sascha: Ich persönlich war mir stets bewusst, dass mich Kameras beobachten, aber mich hat es nicht beeinflusst. Ich war immer ich selbst und habe mich nie verstellt. Von daher war es mir egal, „beobachtet“ zu werden, da mich gerne jeder auch so erleben kann.

Adrian: Nervig nicht, denn darauf ist man ja eigentlich eingestellt. Nicht umsonst hat man sich für eine Teilnahme entschieden. Allerdings bewegt man sich vor allem zu Beginn auf sehr unsicherem Terrain, weil man bestrebt ist, nichts Falsches zu tun oder Falsches zu sagen, außer man geht schon mit der Intention in ein TV-Format, um zu polarisieren. Diese Angespanntheit legt sich aber mit der Zeit.

Jan: Zu Beginn war es schon ein wenig komisch zu wissen, dass es wirklich überall Kameras gab die einem nachzoomen und da draussen ein Team in Containern sitzt, die ständig mithören und mit sehen. Man hat sich dann aber nach einigen Tagen gut daran gewöhnt. Auch z.B. unter der Dusche: Da war einem ja bewusst, dass mitgefilmt wird. Kommt halt immer auch ganz darauf an, wie nahe möchte man dann wirklich gefilmt werden. Da war es jedem bewusst, ob man ein Tuch beim Duschen verwendet oder das Wasser heiss einstellt damit es Dampf bildet, damit man einem nicht ganz splitternackt sieht.

Teilnehmer Jan von "Prince Charming"

Warum hast du an dem Format teilgenommen?

Sascha:
Ich habe daran teilgenommen, weil ich ein neues Abenteuer erleben wollte. Ich dachte mir, es wäre bestimmt interessant, mit 20 Männern hautnah um einen Typen zu „kämpfen“. Auch habe ich mir vorgestellt, medial ein wenig in den Vordergrund zu rutschen, um evtl. an weiteren Formaten teilnehmen zu können, oder dass Agenturen oder Fotografen auf mich aufmerksam werden. Natürlich bin ich auch mit der Hoffnung reingegangen, evtl. den Partner fürs Leben kennenzulernen, habe da aber eher wenige Chancen für gesehen. Aber durch die Teilnahme kann es ja auch sein, dass der Traumpartner selbst auf einen aufmerksam wird und sich über soziale Netzwerke bei einem meldet.

Adrian: Grundsätzlich wollte ich queere Sichtbarkeit im Rahmen von Multikulturalität schaffen. Da ich Halbtürke bin und Homosexualität in diesem Kulturkreis noch heute recht verpönt ist, war es mir ein Bedürfnis, dafür zu sorgen, dass auch solche Themen durchaus in der Öffentlichkeit beleuchtet werden. Liebe stand dort für mich eher an zweiter Stelle, weil ich es ohnehin für recht unwahrscheinlich hielt, dass ich dort mein Herz verschenken kann.

Jan: Mir war es einerseits wichtig zeigen zu können, dass man auch als schwuler Mann, der mit beiden Beinen fest im Berufsleben und in einer Geschäftsleitungsposition steht, sich auch draußen so zeigen kann wie man ist und dazu steht. Das war für mich die Hauptmotivation, wobei ich hoffe, dass auch andere Leute diesen Schritt wagen können und mehr Akzeptanz auch im Berufsleben erfolgen wird. Auch wenn ich das Format nicht kannte, ich habe es zudem als neue Erfahrung angeschaut und wollte da schauen, ob eventuell ein Kandidat oder der Prinz passend ist für eine mögliche zukünftige Beziehung. Im Haus selber habe ich dann aber festgestellt, dass mir die ganze Produktion wirklich vom eigenen Gefühl her viel zu Klischee-haft ist, worauf ich mich dann auch entschieden hatte nicht weiter daran teilzunehmen.

Bist du derzeit verliebt?

Sascha: Nein, ich bin derzeit weder verliebt noch vergeben.

Adrian: Das ist tatsächlich schwer einzuordnen gerade. Verliebt wäre wohl etwas zu hochgegriffen, aber ich kann sagen, dass ich auf dem besten Weg dorthin bin. Die Zukunft wird es zwar zeigen, aber ich könnte mir meinen aktuellen Schwarm sehr gut als den Mann an meiner Seite vorstellen.

......................................... Teilnehmer Adrian von "Prince Charming"

Jan: Ich bin aktuell weiterhin single und noch zu haben, falls der richtige Mann in mein Leben tritt. Dabei ist es mir aber enorm wichtig, dass die persönlichen Eigenschaften und Wertvorstellungen untereinander super gut zusammen passen. Ein wenig crazyness ist da super wichtig, aber trotzdem sollte mich ein Partner auch wenn nötig mal erden und runterholen können. Da gehört auch Ehrlichkeit dazu und dass man sich gegenseitig sagen kann was man denkt, wie es einem geht und so wirklich vollständig den anderen akzeptiert wie er ist. Vertrauen ist dabei das A und O. Mir ist es wichtig, dass man sich bei jedem kleinsten Erfolg des anderen miteinander freuen kann und sich gegenseitig zu Höchstleistungen und noch mehr guten Momenten pushen kann.

 

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