Ins Schwitzen geraten…im Arbeitsalltag – KLUB DIALOG

Ins Schwitzen geraten…im Arbeitsalltag

Ein humorvoller Blick auf Problemlösung und warum es sich lohnt, Fragen zu stellen

Mir ist heiß, sehr heiß und die Hitze wird von Tag zu Tag schlimmer. Bisher hat es zum Glück noch keiner außer mir bemerkt: In unserem Projektbüro wird gerade Geld verbrannt – und ich habe es angezündet. Es brennt ganz ohne Rauch und Feuer und ausschließlich an meinem Arbeitsplatz. Da ist dieses kleine Problem, welches mich seit drei Tagen quält und das ich alleine nicht lösen kann. Wie viele Tage braucht es noch, bevor ich mir das eingestehe? Ich will es nicht wahrhaben und hoffe auf eine plötzliche Eingebung. Die aber will nicht kommen, dieses kleine Biest.

Natürlich könnte ich jemanden aus dem Team fragen, der es ganz sicher weiß, aber dafür bin ich zu stolz. Ich möchte das alleine schaffen. Außerdem hab ich das schon mal versucht und nach der Antwort fühlte ich mich dümmer als zuvor. Das darf doch wirklich nicht sein

In meinem Notebook steckt ein kleiner USB-Ventilator, der mir bei dieser Hitze mittels LED-Laufschrift aufmunternde Worte herüberflackert: „Take ist easy“, „Be cool“ und „I love you!“ Währenddessen bläst mir er mir kühlen Wind ins Gesicht, als wolle er mich anfeuern. Und das klappt ja auch, schließlich brennt es.

Foto: Tim Gouw, Pexels

Um mich herum starren alle kompetent auf ihre Bildschirme und tippen produktiv in ihre Tastaturen. Ich bin hier offenbar der einzige Depp, der sich in eine Sackgasse manövriert hat. Keiner scheint ein so unlösbares Problem zu haben wie ich. Ich intensiviere meine Bemühungen, indem ich mich weiter vorbeuge, noch näher ran ans Problem, ran an das Display. Die Lösung liegt vielleicht ganz nah und ich sehe sie nicht. Ich sollte mal zehn Minuten alles loslassen und eine Nichtraucherpause machen: Kaffee holen, Spazierengehen, Tischfußball spielen. Aber Vorsicht: auf keinen Fall die Spülmaschine ausräumen! Dabei hab ich letztes Mal ziemlich viel zerdeppert in meiner Anspannung. Verdammt, ich frage mich alle fünf Minuten: Ist dieses Problem schon mal aufgetreten? Bin ich zu blöd zum Googeln? Wir sitzen in unserem Projektbüro so nah beieinander, da bekommt wirklich JEDER mit, wenn man etwas nicht weiß. Und heute bin ich einfach nicht in Stimmung für diesen Gesichtsverlust. Schon gestern nicht und morgen übrigens auch nicht. Nur damit das schon mal klar ist.

Da ist dieses fiese kleine Wörtchen „eigentlich“. Eine Wort-Waffe, die ich fürchte und doch zugegebenermaßen manchmal selber einsetze. Jetzt mal ganz schonungslos gefragt, in meiner Funktion und mit meiner Erfahrung:

  1. Müsste ich das eigentlich wissen?
  2. Müsste ich das eigentlich alleine lösen können?
  3. Hätte ich eigentlich schon vor drei Tagen um Hilfe rufen müssen?

Keine der drei Fragen ist zu Kompromissen bereit, ich fühle mich gefangen wie in einer Affenfalle: Hinter einem Astloch lag diese Banane (mein Problem), ich habe hindurchgegriffen und sie mir geschnappt. Nun stecke ich fest, denn zusammen mit der Banane passt meine geballte Hand nicht mehr durch die Öffnung. Ich will sie aber auch nicht loslassen. Ganz klar: Die Banane ist mein Stolz, mein Ego. Peinlich, peinlich, ich bin ein Affe mit Banane, gefangen in einem IT-Projekt.

Foto: Annie Spratt, unsplash

Jetzt meldet sich mein Resilienz-Gen. Nicht aufgeben. Weitermachen! Ich werde das Problem angehen wie ein kompetenter Projektmitarbeiter, wie ein Mann. Also zumindest wie ein Erwachsener. Zur Ablenkung surfe ich ein bisschen in der Gegend herum und stoße auf etwas, das mir tatsächlich hilft: “Blame is not for failure, it is for failing to help or ask for help” (angeblich von Jorgen Vig Knudstorp, CEO of Lego). Genauso ist es! So müsste ich das eigentlich machen. Eigentlich.

Neulich jubelte ich leise, als ein anderer Kollege exakt meine Frage stellte. Ich dachte, ich bin im Himmel! Falsch gedacht. Kurz vor der Beantwortung verebbte das Gespräch, denn der Fragende glänzte mit plötzlicher Einsicht: „Ach warte mal, ist das nicht so wie bei P145?“ – „Ja genau, wie bei P145, bis auf die Ausnahmen in L183.“ „Ach so, dann ist das klar, danke.“ Und ich stehe wieder da mit nichts. Wovon reden die bloß?

Heute nimmt meine Geschichte ein glückliches Ende. Leider nicht direkt für mich, sondern für einen Kollegen aus dem Team. Bernd steht einfach auf und stellt ganz unbedarft und laut seine Frage an alle. Er fragt genau das, was ich wissen will. Einfach so, typisch Bernd, der merkt echt nix mehr. Und was passiert? Einer der Know-how-Träger weiß die Antwort: „Hört mal Leute, ich finde Bernd hat hier gerade eine ganz wichtige Frage gestellt. Das hatte ich noch gar nicht gesehen, aber es ist wichtig, dass wir das alle berücksichtigen. Danke an Bernd!“

Verdammt nochmal, ab morgen werde ich mutiger sein, versprochen! Ich hatte pures Frage-Gold in meinen Händen und hab es nicht gesehen, habe völlig vergeblich geschwitzt. Ein Handtuch bitte!

Der Autor

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