Hüllen für die Zukunft – KLUB DIALOG

Hüllen für die Zukunft

Vector Foiltecs nachhaltige Folienkonstruktionen

Bei Vector Foiltec in Bremen-Lesum wird die Zukunft der Architektur aus hochspezialisierter Folie gemacht. Die Firma entwickelt Dachkonstruktionen und Gebäudehüllen aus einer Art überdimensionalen Luftkissen, die klimatischen Extrembedingungen standhalten können und nachhaltige Alternativen für das Bauen bieten sollen. Die Gebäude sind ästhetisch einzigartig und zum Teil weltweit bekannt.

Water Cube, Peking. Foto: Ben McMillan

Wer Carl Maywald, Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung, durch die Produktionshalle folgt, würde kaum vermuten, dass hier ein Weltmarktführer tätig ist. Alles wirkt nüchtern und sehr aufgeräumt:  Ablängtische und Schneidplotter, auf denen bedruckte Spezialfolien in verschiedener Stärke zugeschnitten werden, eigens konstruierte Balkenschweißmaschinen, die für die außerordentlich festen Nähte der Folienkissen sorgen, dazwischen Regale mit Folienrollen und an der Wand Konstruktionspläne.

Vector Foiltecs pneumatisch stabilisierte Konstruktionen entfalten erst am Gebäude ihre Wirkung. Die luftgefüllten Kissen schlagen Blasen, wie beim „Watercube“, dem olympischen Sportstadium in Peking. Sie wölben sich in kugeligen Gehäusen über den weltberühmten botanischen Gärten des „Eden Project“ in Cornwall. Eine transparente Konstruktion umfasst das Stadion der Fußball-WM 2014 im brasilianischen Recife. 1.000 Quadratmeter misst das Kissen, das eine Bushaltestelle im schweizerischen Aarau überspannt. Im zentralasiatisichen Astana reckt sich das größte Zelt der Welt 130 Meter in die Höhe und erinnert an die Wurzeln des Nomadenvolkes.

Vector Foiltec: Singapur Sports Hub. Foto: Gin Tay.

In Bremen produzieren rund 35 Mitarbeiter die Folienkissen, weitere 35 planen Statik, Ausführung und Vertrieb. „Wir sind eine Manufaktur“, erklärt Carl Maywald. Mit den handgefertigten Folienkonstruktionen bedient Vector Foiltec 75 Prozent des Weltmarktes für großflächige und lichtdurchlässige Gebäudehüllen und ist bei Technologie und Know-How führend. Das Unternehmen hat 14 Niederlassungen in verschiedenen Ländern, insgesamt rund 200 Mitarbeiter und eine zweite Produktionsstätte in China.

Kindertagesstätte "Plappersnut". Foto: Andreas Braun

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Vector Foiltec sucht nach Lösungen für ökologisch sinnvolles Bauen und für das alltägliche Zusammenleben. Ein Lieblingsprojekt des Abteilungsleiters ist die energetische Sanierung der Kindertagesstätte „Plappersnut“ in Wismar. Durch eine transparente Folienkissenkonstruktion wurden zwei bestehende ältere Plattenbauten so miteinander verbunden, dass die Fenster zum Innenhof geöffnet werden können, ohne dass Wärme verloren geht. „Innen ist ein Bereich entstanden, wo Kinder sommers wie winters ‚draußen‘ spielen können“, erzählt der Leiter der Forschungsabteilung.

Der Bau und die Nutzung von Gebäuden sind für rund 40 bis 50 Prozent des gesamten Energie- und Ressourcenverbrauchs weltweit verantwortlich. „Die ökologische Belastung im Baubereich ist enorm hoch“, findet Carl Maywald. Der promovierte Physiker, der zu Beginn der Anti-AKW-Bewegung in Bremen studiert hat und später als Atomphysiker arbeitete, sieht sich als Wissenschaftler besonders in der Verantwortung. Vor sechs Jahren wechselte er wohlüberlegt von seiner Stelle als Gymnasiallehrer zu Vector Foiltec.

Energie- und ressourcensparendes Bauen wird immer wichtiger, nicht nur aus ökologischen, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen. Eine Lösung bietet die von Vector Foiltec verwendete Folie aus Ethylen-Tetrafluorethylen (ETFE). Sie gilt als sehr langlebig: ETFE wird nicht von Sonnenlicht oder Luftverschmutzung angegriffen. Ihre Oberfläche ist selbstreinigend und lässt das ganze Spektrum des Sonnenlichts durch, so dass zum Beispiel in Gewächshäusern Pflanzen besonders gut wachsen. Die Wärmedämmung wird durch einen speziellen Aufbau mit mehreren Folienlagen erzeugt.

Seit den 1980er Jahren hüllt das Unternehmen Räume in Folienkonstruktionen. Mehr als 800 Projekte sind es inzwischen weltweit. Maywald zeigt Vergleichsstudien, nach denen allein der Materialaufwand für die gesamte Konstruktion bei vergleichbaren anderen technischen Lösungen – wie etwa Glaskonstruktionen – um bis zu 800 Prozent über den von Vector Foiltec verwendeten Texlon®-Systemlösungen liegt. „Unter Umweltaspekten ist unseres das bei weitem günstigste System. Es hat hohes Entwicklungspotenzial. Im Grunde steht man da erst in den Anfängen.“

Entertainment Center, Astana. Foto: Nigel Young

Vector-Foiltec-Astana-Entertainment-Center-02-Nigel-Young-Foster_Partners

Das leichte Baumaterial sorgt auch für große Flexibilität in der Statik, der deutsche Baubehörden allerdings immer noch recht skeptisch gegenüberstehen. Das Unternehmen aus Bremen kann oft Überzeugungsarbeit leisten. Architekten und Bauherren kommen dagegen aus aller Welt zu Vector Foiltec, zum Beispiel Star-Architekt Sir Norman Foster mit seiner Idee für das riesige, bewegliche Zelt in Astana. „Wir versuchen diese Vorstellungen für die Formgebung dann in eine Statik zu gießen“, erklärt Maywald. Für das Shopping- und Entertainmentcenter in der kasachischen Hauptstadt entwickelten die Bremer Baustatiker eine Hüllenkonstruktion, die an einer hohen Stele aufgehängt ist und den extremen Wintern mit bis zu minus 40 Grad trotzen kann.

Dr. Carl Maywald, Vector Foiltec

Auch wenn Vector Foiltecs Gebäudekonstruktionen leicht und transparent wirken, sind sie keine temporäre Architektur. Ganz im Gegenteil. „Die Zielsetzung die ich habe, ist die begrenzten Lebenszyklen der Architektur aufzuheben“, sagt Carl Maywald. Dass die Folienkonstruktionen Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte überdauern können, dafür sollen neben dem langlebigen Material auch die attraktiven Formen sorgen. Falls aber jemals ein Gebäude zurückgebaut werden muss, kann Vector Foiltec die Hülle zurücknehmen. Sie wird zu hundert Prozent recycled. Es gibt keinerlei Folienabfall: Geschreddert und zu Spritzgussformteilen verarbeitet wird sie wieder Teil einer neuen Architektur.

Der KLUB DIALOG #27 stand unter dem Motto „Einpacken“. Neben Carl Maywald erzählten weitere Bühnengäste, wie schlichte Hüllen Inhalte sichtbar werden lassen, Kleidung Positionen zeigen, Produkte Überzeugungen kommunizieren und wie individuell Einpacken darüber hinaus noch ist.

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