Per App die deutsche Sprache lernen – KLUB DIALOG

Per App die deutsche Sprache lernen

Superhelden unserer Stadt: Laura Brandt hilft Flüchtlingen

Superhelden sind wichtig. Sie geben Hoffnung und helfen uns in schwierigen Situationen. Viele von ihnen sind dank Stan Lee bekannt. Solche, die weniger in der Öffentlichkeit stehen und ihre Superkräfte im Geheimen ausüben, stellen wir Euch in der Rubrik „Superhelden unserer Stadt“ vor.

Laura Brandt entwickelte die App Iconary, Amer Al-Baik half mit Verbesserungsvorschlägen

Eine davon ist Laura Brandt – 32 Jahre alt, wohnt und arbeitet in Bremen und hat Digitale Medien und Medien- & Design Management studiert. Sie hat die App Iconary entwickelt und hilft so Flüchtlingen, die in Deutschland ohne Sprachkenntnisse ankommen, erste Vokabeln für den Alltag zu lernen. Sie legt großen Wert auf soziales Engagement und hat mit ihren Kompetenzen als Entwicklerin für digitale Konzeption eine App entwickelt, die nicht nur nützlich ist, sondern auch wundervoll ästhetisch daherkommt. Einige der Geflüchteten zählt Laura heute zu ihren engen Freunden.

Im Interview hat Sie mir erzählt, dass sie es wahnsinnig toll findet, dass sie neben dem eigentlichen Sinn ihrer Idee so tolle Menschen kennen lernen durfte und sich heute mit ihnen sehr gut auf Deutsch unterhalten kann.

KLUB DIALOG: Laura, was ist Iconary genau?

Laura Brandt: Iconary ist eine ganz simple Sprach-App. Hauptsächlich entwickelt für Geflüchtete, damit sie eine allererste Orientierung haben um europäische Sprachen anhand von Icons zu erlernen. Deswegen auch der Name „iconary“ – abgeleitet von dem englischen icon für Symbol und dictionary für Wörterbuch. Die Bedienung ist ganz intuitiv. Man sieht das Bild, liest das Wort und dazu kann man sich noch die genaue Aussprache von echten Sprechern anhören – fertig. Es geht nicht darum die komplette Sprache mit ihren viele Regeln zu lernen. Einfach um die ersten Vokabeln die man im Alltag eben braucht, wenn man neu in ein Land kommt.

„Zehn Kategorien und 300 Wörter für dein tägliches Leben“ © iconary

Wie bist du denn auf die Idee gekommen?

Laura: Als die Flüchtlingswelle im Sommer 2015 auch Bremen erreichte, habe ich täglich von meinem Arbeitsplatz im Wesertower auf die Zelte und Container geschaut. Eine Freundin und ich boten zunächst Deutschkurse an. Anfangs noch für die Menschen, die erst kürzlich nach Deutschland kamen, später dann auch etwas intensivere Kurse. Wir haben uns dann verschiedene Konzepte überlegt und erste Grafiken entworfen. Da wir beide aus der Kreativbranche kommen, konnten wir viele Materialien selber gestalten. Daraus ist dann auch die Idee zu iconary entstanden. Wir haben gemerkt, dass es eine Möglichkeit geben muss, wie die Menschen auch alleine lernen können. Und was liegt da näher als eine App? Ich habe den beruflichen Hintergrund um so etwas zu machen, wollte schon lange mal ein eigenes Projekt starten und die Menschen in den Unterkünften haben ihr Smartphone immer bei sich.

Und wie war der Weg von der ersten Idee bis zur fertigen App?

Laura: Ich habe mir zuhause erste Gedanken gemacht und Ideen gesammelt. Am Anfang dachte ich noch, ich könnte das selber bauen. Ich habe dann bei uns in der Agentur gefragt, ob jemand Lust und Zeit hat und vor allem eine Möglichkeit kennt, Apps schnell umzusetzen. So habe ich dann Kevin Skyba kennengelernt, der damals noch als Student bei uns gearbeitet hat. In der Zwischenzeit habe ich mir dann ein Konzept überlegt und ein Design entwickelt, mir die Funktionen und Inhalte überlegt.

Es waren vier Monate harte Arbeit, die sich am Ende aber total gelohnt haben. Viele Leute haben mitgeholfen und sich engagiert.

Laura Brandt, Entwicklerin der App Iconary

Ja und dann kam die Umsetzung. Die hat insgesamt vier Monate gedauert und es war tatsächlich mehr Arbeit als gedacht. Kollegen haben mir dann geholfen, die Vokabeln in die verschiedenen Sprachen zu übersetzen. 300 Icons mussten gestaltet werden. Anschließend waren wir im Tonstudio und haben die Wörter auf fünf Sprachen eingesprochen. Zum Glück hat uns jemand ein Tonstudio kostenfrei zur Verfügung gestellt. Nachdem alles eingesprochen war, habe ich mehrere Wochen lang 300 Wörter á fünf Sprachen geschnitten und zugeordnet. Das war wirklich der längste Teil. Die Jungs aus Syrien haben mir auch total viel geholfen: Beim Flyer verteilen aber vor allem haben sie die App auf Herz und Nieren getestet. Sie waren die ersten User und konnten mir direkt Feedback geben. Das war richtig gut. Beim „Markt der Möglichkeiten“, einer Hausmesse in der Bremer VHS für soziale Projekte, haben wir unsere App dann auch vorgestellt. Außerdem waren wir bei Radio Bremen, Funkhaus Europa und Radio Nordwest zu hören, das war schon ein komisches Gefühl!

Wieviele User habt ihr?

Laura: Ich habe zwar lange nicht mehr in die Statistiken reingeguckt, aber so vor einem Jahr waren wir bei 1000 Downloads pro Plattform. Die meisten, muss man dazu sagen, kommen aus Bremen aber man kann auch sehen, dass die App von arabisch-sprachigen Menschen heruntergeladen wird. Eine spannende Zielgruppe sind übrigens auch kleine Kinder, da die App so einfach zu bedienen ist.

Wie habt ihr die Betreuung der App und eure Jobs unter einen Hut bekommen?

Laura: In allererster Linie war es das Herzblut das darin steckt, welches uns angetrieben hat. Einfach etwas zu machen, aktiv zu helfen und es schaffen, die App schnell online zu bekommen, da sie zu dieser Zeit gerade relevant war. Fast jeden Feierabend und viele Wochenenden haben wir für das Projekt gearbeitet. Es hat sich insgesamt aber noch in Grenzen gehalten, wir haben zum Glück keine Nachtschichten geschoben. Der Spaß daran war sehr inspirierend und ich habe viel gelernt.

© iconary

Mir bedeutet die App sehr viel. Die Benutzung ist super einfach und viele andere Programme legen keinen Wert auf die einfache Gestaltung. Am wichtigsten ist für mich, dass ich mir das Wort anhören kann und die genaue Aussprache lerne. Da hat mir die echte Stimme eine Sprecherin sehr geholfen. Außerdem macht es total viel Spaß, die Worte dann auch in den anderen Sprachen zu lernen. Viele Freunde von mir nutzen die App und wir finden sie wirklich sehr gut, weil man viele Wörter für den Alltag lernt.

Amer Al-Baik (29) aus Syrien

Amer Al-Baik hat die App anfangs getestet und mit Verbesserungsvorschlägen zu iconary beigetragen. Amer ist 29 Jahre alt und seit anderthalb Jahren in Deutschland. In Syrien studierte er Finanz- und Rechnungswesen. Hier in Bremen fühlt er sich sehr wohl. Kennengelernt haben Amer und Laura sich in den Deutschkursen.

Außerdem arbeitet Laura neben ihrem tollen Engagement für iconary an ihrer Selbstständigkeit:Unter www.yummy-organics.de könnt ihr gucken, was Laura sich Tolles ausgedacht hat.

Wie auch du ein Held sein kannst erfährst du hier, im Beitrag zur Aktion „Sei ein Held“!

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